Am 29. Oktober 2024 las die Autorin im Café de l’Industrie aus ihrem neuen Krimi
«Ich bin eine gute Diebin bei der Realität», sagt Krimiautorin Christine Brand beim Gespräch im «Industrie» auf die Frage, woher sie ihre Ideen nimmt und lacht. «Vermisst», ihr neuster Krimi, aus dem sie im vollen Restaurant vorliest, basiert zum Teil auf wahren Geschichten. Inspiriert wurde sie auch, als in ihrer Kindheit in den 80-iger Jahren mehrere Kinder vermisst wurden, deren Verblieb zum Teil bis heute nicht geklärt ist. Bei einigen dieser schlimmen Verbrechen wurde der Serienmörder Werner Ferrari als Täter dingfest gemacht. «Ich konnte nicht verstehen, dass man einfach nicht herausfinden konnte, wo diese Kinder waren.» Das habe sie sehr beschäftigt. Als Kind in Oberburg sei sie quasi vom Tod und vom Sterben umgeben gewesen: «Der eine Nachbar hatte eine Metzgerei, der andere war Jäger und hängte die toten Rehe draussen auf, und mein Vater war Bestatter.» Sie habe jeweils die Särge mit Satintüchern ausschlagen dürfen und man sei mit dem Leichenwagen, der auch das Familienauto war, in die Ferien gefahren. Mit 20 Jahren sei sie quasi überrascht gewesen, noch am Leben zu sein.
Vor der Lesung begrüsste Reiner Bernath vom Verein Café de l’Industrie Brand und das Publikum mit herzlichen Worten. Er lese ihre Bücher oft möglichst in einem Zug, und sie sei eine spannende Persönlichkeit.
Mit dem neuen Krimi hat sich Christine Brand auf neues Terrain gewagt, indem sie eine neue Heldin, Malou, einführt. Sie habe Herzklopfen gehabt bei der ersten Lesung, ob ihre neue Protagonistin beim Publikum gut ankomme. Das stand auch beim Solothurner Publikum ausser Zweifel, das Brand gerne zuhörte, zumal sie ihre Lesung mit zahlreichen Anekdoten schmückte. Sehr amüsant war die Auswahl an Mails, die sie als bekannte Autorin geschickt bekommt. Als Autorin mache sie sozusagen in einer Person ein ganzes Theater, versetze sich in verschiedene Personen, «da chame döumou scho chli komisch wärde», meint sie weiter und lacht.
Brand war lange Gerichtsjournalistin und kennt als solche das Thema gut. Als Autorin könne sie viel freier schreiben als als Journalistin, was sie geniesst. Seit 2017 ist sie selbständig und lebt während mehrerer Monate pro Jahr in Sansibar, ihrer zweiten Heimat. «Wenn ich in die Schweiz komme, habe ich nicht das Gefühl, in ein anderes Land zu kommen, sondern in eine andere Welt.» In Sansibar habe sie meist wochenlang keine Termine in der Agenda, und das sei gut. Sie selber lese übrigens gar nicht unbedingt Krimis, sondern gerne Autoren wie T.C. Boyle oder John Irving.